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Keine Bücher für Kinder. Enfantillages Kapitel 2

Mit dem zweiten Kapitel der Ausstellung „Keine Bücher für Kinder“ knüpft das Museum Tomi Ungerer – Internationales Zentrum für Illustration vom 22. November 2024 bis 2. März 2025 zeitlich dort an, wo die Schau in der Galerie Heitz des Rohan-Schlosses endet, nämlich bei Tomi Ungerer und der 1972 aus der Taufe gehobenen Straßburger Illustrationswerkstatt.


François Ruy-Vidal, einer der einflussreichsten Verleger französischer Kinder- und Jugendliteratur dieser Periode, fasste sein Kredo einmal in vier Leitsätzen zusammen: „Es gibt keine Kunst für Kinder, es gibt Kunst. Es gibt keine Illustration für Kinder, es gibt Illustration. Es gibt keine Farben für Kinder, es gibt Farben. Es gibt keine Literatur für Kinder, es gibt Literatur. Daraus folgt, dass ein Kinderbuch ein gutes Buch ist, wenn es ein gutes Buch für alle ist.“ Dieses Prinzip liegt einer wegweisenden Neuausrichtung der Entwicklung und Gestaltung von Kinder- und Jugendbüchern zugrunde, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einsetzte und bis heute andauert.


Die Überzeugung, dass es keine spezielle Literatur für Kinder gibt, ist auch der namensgebende rote Faden dieser Schau: Es geht darum, die Illustration als eigenständige Kunstform zu begreifen und an Kinder- und Jugendliteratur die gleichen künstlerischen und literarischen Maßstäbe anzulegen wie an jede andere Literatur.


Zum Auftakt veranschaulicht die Präsentation an Werken von Tomi Ungerer, wie fließend die Grenzen zwischen den verschiedenen literarischen Gattungen sein können, wenn Kinder ernst genommen und auch mit schwierigen Themen konfrontiert werden und vor allem wenn man ihnen gestattet, sich den Sinn eines Werks selbst zu erschließen. Damit verlässt die Schau den rein literarischen Kontext und nimmt vielmehr ein gesellschaftlich und politisch höchst relevantes Thema in den Blick, nämlich die Entstehung kindlicher Vorstellungswelten. Ungerers Werk speist sich aus dem Glauben an die Literatur und an das Bild in seiner beziehungsreichen poetischen Dimension. Das politische Engagement des Künstlers, seine satirische Gesellschaftskritik, sein Einsatz für grundlegende Werte wie Freundschaft, Mut und Respekt von Andersartigkeit kommen nicht pädagogisch oder moralisierend daher. Da sich Text und Bild als eigenständige künstlerische Ausdrucksformen verstehen, erschließen sich dem Erwachsenen aus dem Geschriebenen andere Dinge als dem Kind, das im Bild nicht unbedingt das sieht, was ihm die Stimme vorliest – oder auch diktiert.


Im Obergeschoss des Museums präsentiert die Ausstellung neben anerkannten zeitgenössischen Illustratorinnen und Illustratoren auch Künstlerinnen und Künstler der jungen Generation, die sich auf poetische, spielerische oder politische Art mit dem Platz des Kindes beschäftigen. Ihre Werke verdeutlichen, welch hohe gesellschaftspolitische Bedeutung der kindlichen Vorstellungswelt für die Gestaltung der Zukunft zufällt. Dieser Abschnitt umfasst Abenteuererzählungen, mit Kindern geschriebene Bücher, Werke, die die Autoritätsbeziehungen zwischen Kind und Erwachsenem umkehren, und Bücher, die um die Gefühlswelt von Kindern kreisen.

Die Ausstellung zeigt Werke der folgenden internationalen und Straßburger Künstlerinnen und Künstler:
Beatrice Alemagna, Pauline Barzilaï, Blexbolex, Serge Bloch, Lisa Blumen, Mathilde Chèvre, Guillaume Chauchat, Kitty Crowther, Dominique Goblet, Marie Mirgaine, Saehan Parc, Matthias Picard, Mathieu Sapin, Leo Timmers


Kuratorische Leitung: Anna Sailer, Leiterin des Museums Tomi Ungerer – Internationales Zentrum für Illustration
Wissenschaftliche Beratung: Britta Benert, Loïc Boyer
Installationen: Cécile Tonizzo


Die Ausstellung wird mit einer Sonderförderung der Eurometropole Straßburg unterstützt.